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Rechtsgeschichtliches Seminar

Die Chronik des Thietmar von Merseburg (um 975-1018) als Quelle hochmittelalterlicher Reichs- und Rechtsgeschichte.

Zum 1000. Jubiläum des Amtsantritts Thietmars als Bischof von Merseburg

Prof. Dr. Heiner Lück
Di 18-20 Uhr; Rechtsgeschichtliche Bibliothek
ab 3. Semester (Jura) sowie für alle Studierende philologisch-historischer Disziplinen

Zu den kostbarsten und gehaltvollsten Quellen der Reichs- und Rechtsgeschichte des Hochmittelalters gehört die berühmte Chronik des Bischofs Thietmar, die zwischen 1009 und 1018 in Merseburg entstanden ist. Ihr Verfasser, ein Spross der Grafen von Walbeck, trat im Jahre 1009 sein Amt als Bischof von Merseburg an. Da sich aus dem 10. und 11. Jh. nur spärliche normative Quellen zur Rechtsgeschichte erhalten haben, besitzt die Merseburger Chronik für die Forschung ein besonderes Gewicht.

Die Chronik berichtet weitgehend authentisch über die wichtigsten Ereignisse der sog. sächsischen Kaiserzeit. Neben der Mitteilung großer reichspolitischer Vorgänge kommen auch zahlreiche rechtliche Zusammenhänge zur Sprache, etwa Gerichtsversammlungen nach kanonischem Recht, das Verhältnis der Ehegatten untereinander, die strafrechtliche Ahndung von Verbrechen u. v. a. Darüber hinaus bietet die Chronik viele Details zur Landes- und Ortsgeschichte des mitteldeutschen Raumes. So erfährt man etwas über die erstmalige Nutzung der Saale als Schifffahrtsweg, den Beginn des Bergbaus in Goslar und die Ersterwähnung vieler Orte.

Schließlich verkörpert der Verfasser der Chronik einen überaus gebildeten Kirchenmann, welcher unübersehbar auch über solide Rechtskenntnisse verfügte.

Als Textgrundlage steht u. a. die Neuausgabe der Chronik in neuhochdeutscher Übersetzung von R. Holtzmann, erschienen beim Mitteldeutschen Verlag Halle 2007, zur Verfügung.

Im Rahmen des Seminars wird eine Exkursion zu den handschriftlichen Originalquellen der Chronik nach Merseburg und Dresden durchgeführt.

Die Seminarleistung besteht aus einem Referat, welches in einer Seminarsitzung zu halten ist, und einer Seminarhausarbeit. Diese ist am 10. April 2009 abzugeben.

Als zu bearbeitende Themen sind u. a. vorgesehen: 1) Mittelalterliche Chroniken als Quellen der Rechtsgeschichte; 2) Das Bistum Merseburg im frühen 11. Jh.; 3) Der Bischof als Gerichtsherr; 4) Die Bischofskirche als Rechts- und Gerichtsort; 5) Bischofsamt und Bischofsinvestitur vor 1000 Jahren; 6) Verfassungsgeschichtliche Ereignisse bei Thietmar; 7) Klerikale Bildung im hohen Mittelalter – das Beispiel Thietmar; 8) Mord und Totschlag in der Chronik des Thietmar von Merseburg; 9) Strafrechtliche Aspekte der Konfliktlösung; 10) Kanonisches Recht bei Thietmar; 11) Mann und Frau bei Thietmar – Rekonstruktion von Geschlechterbeziehungen; 12) Das Schicksal der Originalhandschrift(en) u. v. a.

Am 15. Juli 2008, 16.15 Uhr, findet eine Vorbesprechung in der Rechtsgeschichtlichen Bibliothek (Universitätsring 4, EG) statt. Alle Interessenten sind herzlich eingeladen.

Quellen

Die Chronik des Thietmar von Merseburg, neu übertragen u. bearbeitet von R. Holtzmann, Halle 2007; Thietmar von Merseburg. Chronik, neu übertragen u. erläutert von W. Trillmich, 7. Aufl., Darmstadt 1992.

Literatur (Auswahl)

  • R. Auty u. a. (Hg.): Lexikon des Mittelalters, 9 Bde., München/Zürich 1980-1998;
  • A. Cordes/H. Lück/D. Werkmüller u. R. Schmidt-Wiegand als philologischer Fachberaterin  (Hg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 2. Aufl., Berlin 2004 ff. [hier insbes. die Art. Bischof, Bischofsstadt, Chronik];
  • K. Heise/H. Kunde/H. Wittmann (Hg.): Zwischen Kathedrale und Welt. 1000 Jahre Domkapitel Merseburg. Katalog, Petersberg 2004;
  • H. Lippelt: Thietmar von Merseburg. Reichsbischof und Chronist, Köln/Wien 1972;
  • P. Ramm: Merseburg in romanischer Zeit: Königspfalz-Bischofssitz-Stadt, Merseburg 2003;
  • ders.: Pfalz und Schloss Merseburg, 3. Aufl., Dößel 1997;
  • W. Schlesinger: Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter, 1. Bd., 2. Aufl., Köln/Wien 1983;
  • E. Schubert: Stätten sächsischer Kaiser, Leipzig/Jena/Berlin 1990 [hier zu Merseburg: S. 181-202];
  • R. Sprandel: Chronisten als Zeitzeugen. Forschungen zur spätmittelalterlichen Geschichtsschreibung in Deutschland, Köln/Weimar/Wien 1994;
  • M. Springer: Thietmar von Merseburg, in: M. Tullner (Hg.): Persönlichkeiten der Geschichte Sachsen-Anhalts, Halle 1998, S. 443-447;
  • D. Willoweit: Deutsche Verfassungsgeschichte. Vom Frankenreich bis zur Wiedervereinigung Deutschlands, 5. Aufl., München 2005, S. 48-73.

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